
Die Rolle von Umweltschutz und Klimawandel bei den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten
Die Aufgabe der ARRIO BERLIN Übungswerkstätten in Trägerschaft der „S27 – Kunst und Bildung“ ist es, geflüchtete Personen auf Berufe im Handwerk vorzubereiten und ihnen eine fachliche Orientierung zu bieten. Das Projekt soll Menschen motivieren, Neues auszuprobieren oder aber ihre mitgebrachten Skills sinnvoll einzusetzen. „Derzeit versuchen wir mit unserem Orientierungsangebot aufzuzeigen, dass sich hinter vielen Handwerksbranchen Berufe mit einer Zukunftsqualität in Bezug auf Umweltschutz und Klimawandel verstecken“, sagt Programmkoordinatorin Franziska Hartmann. Ein Interview.

Frau Hartmann, welche Rolle spielen die Themen Umweltschutz und Klimawandel im Projekt ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten?
Franziska Hartmann: Hier an der S27 beschäftigen wir uns bereits seit einigen Jahren mit Themen der Kreislaufwirtschaft und arbeiten mit konzeptuellen Ansätzen von Upcycling und Re-Design*. Das hat einerseits natürlich den Vorteil, dass wir die eigenen Materialressourcen und -mittel schonen, indem wir teilweise mit gebrauchtem oder wiederverwendbarem Material arbeiten. Zum anderen fördert dieser Ansatz auch die Kreativität. Die Verknappung von Materialien beziehungsweise das Arbeiten mit Vorhandenem oder Vorgefundenem macht innovativ. Unsere Trainees wollen wir motivieren, bei der Gestaltung unserer aller Umwelt mitzumischen, zum Beispiel indem sie eine Ausbildung im Handwerk aufnehmen.
In welchen Klimaberufen können sich Teilnehmende in den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten ausprobieren?
Franziska Hartmann: Es gibt seit Jahren eine enge fachliche Zusammenarbeit mit Berliner Innungen aus verschiedenen Bereichen. Wir sind derzeit dabei, unser Orientierungs-Portfolio zu erweitern und beispielsweise die Solarbranche einzubeziehen. Erste Workshops in Zusammenarbeit mit dem SolarZentrum Berlin wurden bereits durchgeführt. In unseren hauseigenen Übungswerkstätten versuchen wir in kleineren Workshops Lust an der Thematik zu wecken. Mit dem „Norddeutschen Zentrum für Nachhaltiges Bauen” haben wir beispielsweise einen Kurs zum Thema „Bauen als Klimaschutz” durchgeführt. Häufig geht es einfach darum, neue Dinge auszuprobieren und darüber zu informieren, dass Ausbildungen im Handwerk ein sinnvoller Weg sind, um sich beruflich mit Themen wie Umweltschutz oder Klimawandel zu beschäftigen. Eine berufliche Orientierung, die diese existenziellen Themen aufgreift, wird von vielen als sinnspendend und nachhaltig empfunden.
Mit welchen Betrieben aus den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz arbeiten Sie zusammen?
Franziska Hartmann: Handwerksunternehmen sind häufig die umsetzenden wirtschaftlichen Akteure, die technische oder ökologische Innovationen in unserer Umwelt implementieren. Man sollte sich bewusst machen, dass viele Handwerksberufe ein großes Gestaltungspotenzial bergen. Kleine und mittlere Unternehmen, die für gut gedämmte Häuser sorgen, Solarmodule installieren, moderne Heizungs- und Klimaanlagen bauen oder Grünflächen pflegen, leisten alle einen wichtigen Beitrag dafür, unsere Stadt zukunftsfähig zu gestalten. Und davon gibt es in unserem Netzwerk einige.
Welche Zukunftsperspektiven haben Menschen mit Fluchthintergrund, die sich für eine Ausbildung in einem Klimaberuf entscheiden?
Franziska Hartmann: Wenn man den Prognosen Glauben schenkt, dann haben alle Personen, die den Status von Fachkräften im Handwerk, vor allem in sogenannten Mangelberufen, erlangen, sehr gute berufliche Perspektiven. Die Klima-Thematik ist zudem eine, die global gesehen immer relevanter wird. Ich wünsche allen Menschen, die diese Berufe ergreifen, dass mit der zunehmenden Wichtigkeit beziehungsweise personellen Knappheit auch eine zunehmende gesellschaftliche Wertschätzung einhergeht.
Sind Klimaberufe hauptsächlich Männerberufe? Welche Möglichkeiten gibt es für geflüchtete Frauen im Bereich Umwelt, Energie, Klima?
Franziska Hartmann: Grundsätzlich stehen alle Handwerksausbildungen auch Frauen offen. In der Realität wählen sie oft Handwerksberufe, die gesellschaftlich mit weiblich gelesenen Fähigkeiten assoziiert werden, zum Beispiel kreative Berufe oder solche die körperlich weniger anstrengend scheinen, da sie eher auf feinere motorische Fähigkeiten setzen. In den Übungswerkstätten für Frauen versuchen wir, eine Herangehensweise des „Ausprobierens” zu fördern. Auch hier spielen die Klima- und Umweltberufe natürlich eine Rolle. Sie bieten viele tolle Möglichkeiten für die Frauen. Vorreiter sind in dieser Hinsicht Unternehmen, die eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie bieten, moderne Technologien anwenden, damit körperliche Arbeit nicht mehr der ausschlaggebende Faktor ist und neben dem meteorologischen Klima auch auf ein gutes Arbeitsklima achten.
*Beim Upcycling werden Abfallprodukte oder (scheinbar) nutzlose Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt. Re-Design meint die Überarbeitung oder Neugestaltung alter Produkte.