
ARRIVO BERLINs Ursprung liegt in Kreuzberg
Ende 2014 ging das Projekt ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten-Parkour im JugendKunst- und Kulturhaus „Schlesische 27“ an den Start. Angetrieben von Flüchtlingsprotesten in ganz Deutschland setzte das Pilotprojekt auf modulare Kursangebote, die unbürokratisch Kontakte zwischen Geflüchteten und Unternehmen ermöglichten. Von Anfang an waren Betriebe, die Handwerkskammer und Berliner Innungen als wichtige Partner mit an Bord. Die Keimzelle des Projektverbunds ARRIVO BERLIN war damit gelegt.

Der „ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten-Parkour“ wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen, um geflüchteten Menschen in Berlin eine berufliche Perspektive zu bieten und gleichzeitig den sich schon damals abzeichnenden Fachkräftemangel in handwerklichen Betrieben zu bekämpfen. Das Projekt begann zu einem Zeitpunkt, als bereits viele Ausbildungsplätze in der Stadt unbesetzt blieben und Handwerksbetriebe dringend nach motivierten und talentierten Arbeitskräften suchten.
Eine wichtige Initialzündung lieferte auch die „Flüchtlingsbewegung“, die 2012 in Süddeutschland ihren Ausgangspunkt genommen hatte. Zahlreiche aus den globalen Krisengebieten nach Deutschland geflüchtete Menschen verließen ihre Notunterkünfte und Heime und marschierten quer durch die Republik nach Berlin, um ihrer Forderung nach mehr Rechtsicherheit und besseren Integrationsbedingungen Nachdruck zu verleihen.
Talente brauchen Chancen
Die Proteste fanden ihren Höhepunkt mit einem Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg von 2012 bis 2014. Die Bewegung schlug in der Hauptstadt hohe Wellen und sensibilisierte breite zivilgesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Kreise für das Themenfeld der Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen.
Trotzdem gab es anfänglich Vorbehalte und Vorurteile seitens der Betriebe. Viele Unternehmen hatten Bedenken hinsichtlich Sprachbarrieren und der Eignung der geflüchteten Menschen für eine Ausbildung. Um diesen Vorurteilen entgegenzuwirken, organisierte der Berliner Senat eine breit angelegte Kampagne unter dem Motto „Flüchtling ist kein Beruf. Talente brauchen Chancen“. Diese Kampagne sollte die Fähigkeiten und Potenziale der geflüchteten Menschen in den Vordergrund stellen und Betriebe ermutigen, ihre Türen für Praktika und Ausbildungsplätze zu öffnen.
Der Anstoß für den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten-Parkour kam schließlich von der damaligen Berliner Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat sowie von Stephan Schwarz, damals Vorsitzender des Fördervereins Schlesische 27 e.V. und Präsident der Handwerkskammer Berlin. Das Engagement beider Personen sowie verschiedener Träger, Innungen und Betriebe trug maßgeblich zu der erfolgreichen Konzipierung des Projekts bei, das Ende 2014 pilotiert wurde.
Arbeitsstrukturen kennenlernen
Ein zentraler Bestandteil des Projekts war die enge Zusammenarbeit mit Flüchtlings- und Rechtsberatungsstellen, Wirtschaftsverbänden und Schulungszentren. Diese Institutionen halfen dabei, die Teilnehmenden zu betreuen und den Übergang in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Der „ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten-Parkour“ startete als ein siebenmonatiges Programm, das geflüchteten Menschen die Möglichkeit bot, eine handwerklich-praktische Berufsvorbereitung zu absolvieren und lokale Arbeitsstrukturen kennenzulernen. Sechs Berliner Innungen boten monatliche Praxisstationen an, in denen die Teilnehmer die verschiedenen Berufsfelder kennenlernen und sich praktisch erproben konnten.
Das Projekt fand großen Anklang sowohl bei den Teilnehmenden als auch bei den Betrieben. Die Erfahrungen zeigten, dass viele geflüchtete Menschen die benötigten Talente und die notwendige Motivation mitbrachten, um eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren.
Trotz der Herausforderungen und Vorbehalte zu Beginn zeigte das Projekt, wie erfolgreich Integration und berufliche Qualifizierung gelingen können, wenn alle Beteiligten gemeinsam an einem Strang ziehen. Und so wurde aus dem Pilotversuch zunächst ein impulsgebendes Modellprojekt und schließlich ein Projektverbund von internationaler Strahlkraft: zu den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten gesellten sich bis 2018 neun weitere Modellprojekte sowie eine Koordinierungsstelle hinzu.
Ausblick: Integration für alle
Die Ausbildungsinitiative mit unterschiedlichen Trägern, dem Fokus auf Branchen mit Fachkräftemangel und passgenauen Unterstützungsangeboten findet immer wieder neue Antworten auf neue Herausforderungen. Während es 2014 noch als Novum galt, Geflüchtete frühzeitig in Arbeit und Ausbildung zu integrieren, ist die Gruppe heute ein selbstverständlicherer Teil der Berliner Arbeitswelt geworden.
Doch viele Menschen benötigen bei diesen lebensverändernden Prozessen weiterhin Unterstützung. Sei es, weil sie im jungen Alter auf der Flucht traumatisiert wurden, lange Zeit von Bildung abgeschnitten waren, ihre eigene komplizierte Rechtslage nur schwer verstehen oder genderspezifischen Mehrfachbelastungen ausgesetzt sind.
Verbesserte Integrationsansätze kommen letztlich allen zugute. In diesem Sinne könnten zukünftig auch andere Gesellschaftsgruppen aus vergleichbaren marginalisierten Lagen heraus mobilisiert werden. Die bei ARRIVO BERLIN erprobten innovativen Formate sind in der Lage, ihnen die Unterstützung und die Chancen zu geben, die sie brauchen, um berufliche Perspektiven zu entwickeln und konkreten Anschluss an Berliner Unternehmen zu erhalten.
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