Änderungen in der Einwanderungspolitik betreffen auch Geflüchtete
Fachkräftemangel, Ukraine-Krieg, steigende Flüchtlingszahlen – im Spannungsfeld dieser Herausforderungen hat sich die Bundesregierung zahlreiche Reformen von Asylgesetzgebung, Einwanderung und Staatsbürgerschaft vorgenommen. Ein erstes Migrationspaket wurde Ende 2022 verabschiedet, weitere Schritte sollen folgen. Auch für Menschen mit Fluchthintergrund gibt es Neuregelungen, etwa für gut integrierte langjährig Geduldete. Eine Zusammenfassung.
Am 1. Januar 2023 trat das viel diskutierte erste Migrationspaket in Kraft. Im Mittelpunkt steht das neue Chancen-Aufenthaltsrecht. Es richtet sich an Geduldete, die zum Stichtag 31. Oktober 2022 mindestens fünf Jahre in Deutschland leben und nicht straffällig geworden sind. Sie erhalten durch eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis die Möglichkeit, die notwendigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu schaffen. In dieser Zeit müssen sie nachweisen, dass sie für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, ausreichend Deutsch sprechen und ihre Identität geklärt ist.
Laut Bundesinnenministerium (BMI) lebten zum Stichtag 248.182 geduldete Ausländer in Deutschland, davon 137.373 seit mehr als fünf Jahren. Dem Mediendienst Integration zufolge geht das BMI im Gesetzesentwurf davon aus, dass letztlich jedoch nur 33.500 Personen durch die Neuregelung ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten werden.
Gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende können künftig schon nach drei Jahren Aufenthalt sowie bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Für Geduldete, die einen Ausbildungsplatz bekommen, gibt es allerdings bereits seit 2016 die sogenannte Ausbildungsduldung. Sie dürfen für drei Jahre in Deutschland bleiben. Finden sie nach erfolgreichem Abschluss eine Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht, können sie weitere zwei Jahre bleiben und damit die Grundlage für ein dauerhaftes Bleiberecht legen.
Um den Standort Deutschland für Fachkräfte aus Drittstaaten attraktiver zu machen, wurde der Familiennachzug erleichtert: für nachziehende Angehörige entfällt das Erfordernis eines Sprachnachweises. Allen Asylbewerber:innen soll künftig zudem der Zugang zum Integrationskurs und zu Berufssprachkursen im Rahmen verfügbarer Plätze offen stehen.
Zum 1. Januar ist auch das Gesetz zur Asylverfahrensbeschleunigung in Kraft getreten. Ziel sind schnellere Entscheidungen in Asylprozessen sowie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung. Außerdem wurde die Regelüberprüfung von Asylbescheiden gestrichen und Widerrufs- und Rücknahmeverfahren erfolgen zukünftig nur noch anlassbezogen.
Im Frühjahr sollen weitere Migrationsgesetze folgen: Bis März soll ein Entwurf für eine Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vorliegen. Diese beinhaltet unter anderem eine „Chancenkarte“ zur Arbeitsplatzsuche und Probearbeit. Die Chancenkarte soll nach einem Punktesystem vergeben werden, das sich unter anderem an Qualifikationen und Berufserfahrung, Lebensalter, Deutschlandbezug und Sprachkenntnissen orientiert. Geplant ist zudem, für verschiedene Berufe die Einwanderung ohne deutsche Anerkennung ihres Abschlusses zu erlauben. In einem dritten Migrationspaket soll dann das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert werden.
Geflüchtete aus der Ukraine erhalten zurzeit weiterhin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 des Aufenthaltsschutzgesetzes. Damit ist es unter anderem möglich, sofort zu arbeiten. Bislang wurden mehr als eine Million Ukrainer:innen in Deutschland registriert. Dazu kommen laut BMI derzeit etwa 37.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ohne ukrainische Staatsbürgerschaft. Diese brauchen seit August 2022 ein Visum oder müssen einen Asylantrag stellen. In Berlin wurden jedoch insbesondere für Studierende Übergangsregelungen geschaffen, um ihnen Zeit zu geben, die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zu erfüllen.
Die Mitarbeitenden von ARRIVO BERLIN sind gut gerüstet, um die rechtliche Situation ihrer Teilnehmenden einordnen zu können: sie haben sich bereits im November 2022 in einer Schulung mit dem neuen Chancenaufenthaltsrecht, den Regelungen für geflüchtete Drittstaatler aus der Ukraine und den Plänen zur Fachkräfteeinwanderung auseinandergesetzt.
Quellen:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2022/07/chancen-aufenthaltsrecht.html
https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/asylverfahren-beschleunigen-2139290
https://berlin-hilft.com/2022/09/30/ukraine-berliner-regelung-senat-drittstaatlerinnen-video/
https://www.berlin.de/ukraine/
https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/ukrainische-fluechtlinge.html