„45 Menschen, 45 Geschichten. Über Rassismus im Alltag und wie wir unser Land verändern wollen“
Der Titel ist Programm: „People of Deutschland“ ist ein Bildband mit persönlichen Essays, von 45 Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft, Sport, Mode und Politik. Sie alle eint, dass sie von der weißen Mehrheitsgesellschaft als anders wahrgenommen werden. Anders im Sinne von „nicht von hier/nicht dazugehörend“. In den 45 Geschichten berichten die Gastautor:innen von ihren Rassismuserfahrungen, insbesondere von Alltagsrassimus und Mikro-Aggressionen im Job, bei der Wohnungssuche, im Bewerbungsgespräch, bei der Polizeikontrolle usw. „People of Deutschland“ zeigt dabei Menschen, die fest daran glauben, dass Veränderung möglich ist.
Jeden Tag begegnet BIPoCs (Black, Indigenous, People of Color) offener Rassismus oder unterschwellige Diskriminierung. Diese rassistischen Denkmuster sind geschichtlich begründet und tief in unserer Gesellschaft verankert, so die Herausgeber:innen Martina Rink und Simon Usifo. Um an den aktuellen Verhältnissen etwas zu ändern, „reicht es nicht, sich selbst nicht als rassistisch wahrzunehmen. Wir alle müssen Rassismus aktiv entgegentreten“. Und so ist es bei diesem Prozess umso wichtiger, den Betroffenen zuzuhören und ihnen ihre Erfahrungen nicht abzusprechen. Der Bildband bietet eine Bühne für die unterschiedlichen Perspektiven und ist zugleich ein bejahendes Buch, das keine Opfer sondern Optimist:innen portraitiert.
In dem Buch vereinen sich Geschichten unterschiedlichster Art: So beschreibt Simon Usifo (Geschäftsführer einer Werbeagentur, Herausgeber und Autor), der als Sohn eines Nigerianers und einer Französin im Rheinland aufwuchs, welche Herausforderungen es mit sich bringt, sowohl weiß als auch Schwarz zu sein. Auf der Suche nach seiner Identität, musste er lernen, dass es keinen Ort gibt, an dem die Menschen genauso aussehen und sind wie er. Diese Erkenntnis motivierte ihn zu Höchstleistungen.
Joy Denalane (Soul- und R&B-Sängerin) hingegen erzählt ihren Weg in die Musik und wie sie schon früh damit begann, ihre intersektionalen Diskriminierungserfahrungen als Frau und Person of Color in ihrer Musik zu verarbeiten.
Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray (Wissenschaftlerin, Autorin, Bildungsreferentin, Aktivistin, Rapperin) problematisiert die Mehrfachdiskriminierung, mit der sich viele Menschen in unterschiedlichen Communities konfrontiert sehen: „Da wird ein Mensch mit Schwarzer Hautfarbe antischwarzem Rassismus und gleichzeitig antimuslimischem Rassismus ausgesetzt, wenn sie oder er dem muslimischen Glauben angehört. Da wird eine Kurdin oder ein Kurde in bestimmten Communities mit antikurdischem Rassismus konfrontiert, eine Alevitin/ein Alevit von antialevitischem Rassismus, oder beides zusammen… Die Liste ließe sich ewig fortführen“. Mit dieser Feststellung geht der Apell einher, den Status quo nicht länger zu akzeptieren, sondern zu hinterfragen und rassistische und allgemein diskriminierende Denkmuster abzubauen.
Der Band berichtet ungeschönt von den individuellen Erfahrungen und wird dennoch nicht müde, Optimismus und Mut zur Veränderung zu verbreiten: „Die Zukunft gehört denen, die Vielfalt als Bereicherung verstehen“ so Simon Usifo.
Anmerkungen der Redaktion: In der Rezension finden sich Begriffe wie BPioC, Intersektionalität, weiße Mehrheitsgesellschaft, Schwarz und weiß aus der Antirassismus-Debatte, die von den Autor:innen selbst verwendet werden.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter anderem hier:
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/antirassismus-2020/
Martina Rink, Simon Usifo (Hrsg.): People of Deutschland: 45 Menschen, 45 Geschichten. Über Rassismus im Alltag und wie wir unser Land verändern wollen. Eden Books. 2023