Sprach-Coaches bei ARRIVO BERLIN
Seit Mai 2021 hat das ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen eine Kooperation mit dem Zertifikatsstudium „Deutsch im Mehrsprachigkeitskontext“ der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Studiengang richtet sich an Studierende, die sich auf den Erwerb und die Vermittlung der deutschen Sprache spezialisieren möchten. Im Rahmen eines Praktikums trainieren sie sprachliche Lern- und Lehrprozesse zu planen, zu analysieren und erfolgreich zu gestalten.
Das ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen berät Berliner Unternehmen, die Geflüchtete ausbilden oder beschäftigen – also Personen, die erst wenige Jahre Deutsch lernen. Schnell wurde deutlich, welche Win-Win-Situation eine Zusammenarbeit für alle Beteiligten darstellt: die Studierenden können ihr Erlerntes in Sprach-Tandems praxisnah anwenden und die Unternehmen und ihre Beschäftigten profitieren von der individuellen Sprachförderung.
Wie zum Beispiel das IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin), zentraler IT-Dienstleister der Berliner Verwaltung: Im Frühjahr 2020 meldete sich Aljona Awer, Ausbildungsleiterin im ITDZ Berlin, beim Servicebüro. Sie suchte für ihren Auszubildenden Firas Howari Unterstützung beim Spracherwerb. Howari, der ursprünglich aus Syrien stammt, hatte 2019 die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration angefangen und noch große Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Die Anfrage kam mitten im Corona-Lockdown, die Berufsschule fand nur im Distanz-Unterricht statt. Ein Sprachkurs am zuständigen OSZ für Informations- und Medizintechnik konnte wegen der Pandemielage auch Monate später nicht starten.* Gerade für Geflüchtete eine belastende Situation.
Das Servicebüro organisierte über das Landesprogramm Mentoring einen Ehrenamtlichen, der Howari in alltäglichen Dingen unterstützen konnte. Der Mentor war zudem Informatiker, sodass er auch fachlich eine Hilfe war.
„Das Mentoring-Programm ist eine super Sache, doch eine richtige Sprachförderung kann das natürlich nicht ersetzen“, sagt Nadja Türke, Projektleiterin des Servicebüros, „Wir waren im letzten Jahr verzweifelt am Überlegen, wie wir den Geflüchteten helfen können. Die Kooperation mit dem Zertifikatsstudium war eine großartige Fügung, die auch in Nicht-Pandemie-Zeiten das Sprachlernangebot gut ergänzen wird!“
Howari ist jetzt Teil eines Sprach-Tandems und trifft sich mit „seiner“ Studentin regelmäßig, um zum Beispiel mithilfe seines Berichtshefts grammatische Strukturen zu beleuchten und schulische Aufgaben zu bearbeiten. Für die anstehende Zwischenprüfung im Herbst werden gemeinsam typische Aufgabenstellungen und deren Bedeutungen erlernt, wie „Benennen Sie …“, „Erläutern Sie …“ oder „Beschreiben Sie …“.
„Wir setzen die Sprach-Tandems vor allem für Teilnehmende einer Einstiegsqualifizierung** und – wie in Firas Fall – für Azubis in der Prüfungsvorbereitung ein“, erzählt Nadja Türke. Während der Einstiegsqualifizierung geht es vorrangig um eine erste Sprachdiagnose und individuelle Begleitung, die den sprachlichen Einstieg in der Berufsschule und im Betrieb erleichtern. In der Prüfungsvorbereitung gehen die Studierenden noch einmal auf die Besonderheiten von Prüfungssprache ein, es können Präsentationen eingeübt oder Aufbau und spezielle Formulierungen einer Projektdokumentation besprochen werden – wie sie zum Beispiel bei den Fachinformatikern zur IHK-Abschlussprüfung verlangt wird.
„Wir bilden mehrere Geflüchtete aus, unterstützen diese gerne, aber bei der Sprachförderung kommen wir an unsere Grenzen. Wir sind total glücklich, Firas macht große Fortschritte, die Absprache läuft gut und wir können Vorschläge einbringen.“ berichtet die ITDZ-Ausbildungsleiterin Aljona Awer über Howari.
Inzwischen bestehen sieben Tandems für zehn Betriebe beziehungsweise 16 Auszubildende und Teilnehmende einer Einstiegsqualifizierung. Das ITDZ Berlin hat gleich zwei weitere Auszubildende mit Fluchthintergrund auf die Warteliste für das nächste Semester setzen lassen.
*Auf der Internetseite des Servicebüros können Sie sich eine Übersicht der Azubi-Sprachkursen herunterladen: https://www.arrivo-servicebuero.de/unser-service/sprachforderung
** Die Einstiegsqualifizierung ist ein Langzeitpraktikum, angelehnt an das erste Ausbildungsjahr. Neben der praktischen Arbeit im Betrieb besucht der oder die EQ-Teilnehmer_in bereits die Berufsschule analog zum ersten Ausbildungsjahr. Die Agentur für Arbeit fördert die Einstiegsqualifizierung mit einer Zuwendung von 243 Euro plus einer Pauschale zum Sozialversicherungsbeitrag. Hinweis zur Beantragung hat das Servicebüro in einer Checkliste zusammen gefasst: https://www.arrivo-servicebuero.de/news/checkliste-einstiegsqualifizierung-eq
Informationen zum Zertifikatsstudium „Deutsch im Mehrsprachigkeitskontext“ der Humboldt-Universität zu Berlin: https://www.linguistik.hu-berlin.de/de/institut/professuren/sprachdidaktik/zertifikatsstudium