
Studie: Pandemie hatte gravierende Auswirkungen auf lokale Integrationsarbeit
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte besonders stark getroffen. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsbereichs Flucht, Migration und Integration (MFI) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Robert Bosch Stiftung. Demnach waren alle wichtigen Bereiche kommunaler Integrationspolitik negativ betroffen, darunter das Wohnen, der Zugang zum Arbeitsmarkt und die Möglichkeit, mit Behörden in Kontakt zu treten.
Für die explorative Studie „Brennglas Corona“ wurden die Erfahrungen zahlreicher kommunaler Akteure ausgewertet und auf dieser Basis konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik entwickelt. Sie zeigt unter anderem, dass Behörden und Ämter für Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen kaum noch erreichbar waren. Finanzielle Hilfen, die die Existenzsicherung garantieren sollten, wurden nicht oder mit starken Verzögerungen ausgezahlt, beispielsweise weil Unterlagen nicht bei den Jobcentern eingereicht werden konnten oder ein persönliches Vorsprechen beim Standesamt nicht möglich war.
Gemeinschaftsunterkünfte besonders stark benachteiligt
„Die Covid-19-Pandemie hatte gravierende Auswirkungen auf die lokale Integrationsarbeit. Unsere Studie zeigt, dass der Bedarf an Integrations- und Unterstützungsangeboten für Menschen mit einer Migrations- oder Fluchtgeschichte während der Pandemie stieg, während die Angebotsstruktur an vielen Stellen fatalerweise einbrach“, sagt Prof. Dr. Petra Bendel, die den Forschungsbereich Migration, Flucht und Integration an der FAU leitet und dem Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) vorsitzt.
Besonders stark benachteiligt waren laut der Untersuchung schutzbedürftige Personen wie Frauen, Kinder und Kranke sowie Bewohner:innen von Gemeinschaftsunterkünften. Neben der sozialen Isolation und den erhöhten gesundheitlichen Risiken in den Einrichtungen sei auch die gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten deutlich eingeschränkt gewesen, beispielsweise bei Impfangeboten oder dem Zugang zum Internet und den dort verfügbaren digitalen Bildungsangeboten.
Mehr Ressourcen notwendig
Zu den drängendsten Empfehlungen der Wissenschaftler:innen gehören die Flexibilisierung der Verwaltung und der rasche Ausbau der digitalen Verwaltungs- und Bildungsinfrastruktur. Im Zentrum steht aber die Forderung nach verlässlichen und nachhaltigen Strukturen für die Integrationsarbeit vor Ort. Dazu gehöre auch die Zusage von Bund und Ländern, die Kommunen finanziell zu unterstützen und klare Handlungsspielräume zu garantieren.
Die Erhebung zur Studie wurde von Anfang März bis Ende Mai 2022 in sieben Kommunen durchgeführt. Im Fokus des Forschungsprojekts stand die Integrationsarbeit, die seit Beginn der Pandemie in den Kommunen geleistet wurde: in kommunalen Integrationsmanagements, Jobcentern und Integrationsbeiräten, in den Beratungseinrichtungen der Wohlfahrtsverbände oder durch ehrenamtliche Helfer:innen.
Quelle: Pressemitteilung der Robert Bosch Stiftung vom 09.11.2022