Festlicher Erfahrungsaustausch
Anlässlich seines fünfjährigen Bestehens lud ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching alle Beteiligten zu einem Austauschtreffen ein. Nach einem Rückblick auf das Erreichte diskutierte die vielfältige Gruppe gemeinsam über die konkreten Herausforderungen und blickte voller Ideen und Tatendrang in die Zukunft.
Zum fünfjährigen Jubiläum luden die Projektmitarbeiter:innen der Handwerkskammer Berlin ehemalige und aktuelle Teilnehmende und Projektpartner:innen in die Räume der Innung für Metall- und Kunststofftechnik Berlin in Kreuzberg zu einem Erfahrungsaustausch ein. Unter dem Titel „ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching – Gestern, Heute, Morgen“ wurde auf Erreichtes zurückgeblickt, wurden Herausforderungen diskutiert und wurde gemeinsam in die Zukunft geschaut. Als eines von zehn Projekten im Verbund von ARRIVO BERLIN unterstützen die Ausbildungscoaches seit dem 1. Juni 2018 Auszubildende aus der dualen und schulischen Ausbildung beim erfolgreichen Absolvieren ihrer Ausbildung.
Austausch einer sehr heterogenen Gruppe
Trotz schwüler Temperaturen und Sturmwarnung fanden zahlreiche Ehrenamtliche, Hauptamtliche, aktuelle und ehemalige Teilnehmende des Projekts den Weg zum Jubiläumsfest. Mit dabei waren unter anderem eine Willkommenslotsin der Handwerkskammer Berlin, eine Ausbildungsbegleiterin der Handwerkskammer, ehrenamtliche Begleiter:innen von VerA, eine Mitarbeiterin der GFBM Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen, die B2- und C1-Berufssprachkurse an Samstagvormittagen anbieten, sowie aktuelle und ehemalige Auszubildende, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben.
Nach einem Vortrag über die fünf Jahre ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching fand ein fruchtbarer Austausch dieser sehr heterogenen Gruppe von Menschen in Kleingruppen und im Plenum statt.
Erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse
In den vergangenen fünf Jahren haben 237 Auszubildende die Angebote von ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching angenommen. So wurden im Sommer 2022 zum Beispiel Auszubildende zum/r Maler:in/Lackierer:in beziehungsweise Anlagenmechaniker:in SHK gezielt auf ihre Abschlussprüfungen vorbereitet. Die erfolgreich absolvierte Abschlussprüfung in Kombination mit der Übernahme als Geselle/Fachkraft für den Berliner Arbeitsmarkt verbessern die Situation des Geflüchteten finanziell und tragen zu einem sicheren Aufenthalt und einer besseren Teilhabe in der Gesellschaft bei.
Beim Ziel, die Ausbildung abzuschließen, sind die Projektteilnehmenden von ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching sehr erfolgreich: Nur 13 Prozent von ihnen brechen ihre Ausbildung ab.
Vielfältige Herausforderungen während einer Ausbildung meistern
Eine Herausforderung, die während des Austauschs genannt wurde, ist die enorme Heterogenität in puncto Schulbildung bei Auszubildenden mit Fluchthintergrund. Die einzelnen Bildungswege aus den Heimatländern reichen von keiner formalen Schulbildung bis hin zum Hochschulabschluss.
Der ehemalige Azubi Zakir Hossein Karimi kam beispielsweise mit sehr geringer Schulbildung nach Deutschland. Er besuchte nur zwei Jahre eine Koranschule, brachte aber viel Berufserfahrung und Motivation mit. In einer Kleingruppe berichtete er auf dem Jubiläumsfest, dass er seit seinem neunten Lebensjahr arbeitet. Als Teppichknüpfer, LKW-Mechaniker, Schuhmacher und Fliesenleger. In Deutschland gäbe es Theorie und Praxis, sagte er. „Vorher gab es nur Praxis, einfach arbeiten.“
Wenn man richtig lernt, ist es leichter
Im Jahr 2016 lernte er in einer Berliner Turnhalle eine ehrenamtliche Helferin kennen, die den Grundstein für Zakirs späteren Erfolg legte. Sie organisierte einen Alphabetisierungskurs für mehr als 20 Geflüchtete, darunter auch Zakir. Über die Agentur für Arbeit kam Zakir im Jahr 2017 zu den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten, die ihm ein Praktikum vermittelten. Anfangs wollte er LKW-Mechatroniker werden, aber die Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung für diesen Beruf waren wegen seiner damaligen Deutsch- und Mathematikkenntnisse zu hoch. Als Zakir seine Ausbildung als Bodenleger begann, vermittelte ihn ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten zum ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching. Ein typisches Beispiel dafür, dass viele Azubis über die zehn ARRIVO BERLIN Projektpartner zu ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching vermittelt werden.
Zakir hat seine Ausbildung seit einem Jahr abgeschlossen und arbeitet heute als Bodenleger in seinem Ausbildungsbetrieb. Mit der Wahl der Ausbildung ist er sehr zufrieden, es sei der richtige Beruf für ihn.
Während ihm die praktische Arbeit im Betrieb durch eingeübte Handgriffe wenig Probleme bereitete, sei die Zeit in der Berufsschule sehr herausfordernd gewesen. Beim Ausbildungscoaching hatte Zakir daher unter anderem am Workshop „Lernen lernen“ teilgenommen. „Eigentlich ist es schwer, aber wenn man richtig lernt, ist es leichter.“, sagte er.
Hilfe zur Selbsthilfe
Ehrenamtliche Begleiter:innen der Initiative VerA – eine Initiative des Senior Experten Service und zuständig für die „Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen“ – unterstützen als Tandem-Partner:innen viele Auszubildende auf ihrem Weg durch die Ausbildung.
„Wir geben Motivation und Kraft zum Durchhalten und unterstützen die Azubis dabei, sich selbst zu helfen, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen und in sich die Kraft zu finden, die notwendigen Schritte zu gehen. Wichtig ist es, beim ersten und schwersten Schritt praktisch aufzuzeigen, wie er gegangen werden kann“, sagte Carl-Hans Strudthoff, Regionalkoordinator der Initiative VerA in Berlin.
Es war nicht der erste Erfahrungsaustausch. Die VerA-Begleiter:innen werden regelmäßig geschult und treffen sich zu jährlichen Austauschtreffen, bei denen ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching auch Schulungen zu Themen wie interkulturelle Kompetenz oder leichte Sprache anbietet (siehe Beitrag: „Im Tandem erfolgreich durch die Ausbildung“).
Gemeinsam Hürden aus dem Weg räumen
Die enge und persönliche Arbeit mit den Azubis hat sich bewährt und ist beim Ausbildungscoaching nicht mehr wegzudenken. „Die größte Motivation ist für mich, teilzuhaben und mitzuwirken, wenn mit dem Auszubildenden gemeinsam diverse Hürden aus dem Weg geräumt werden, um Erfolge in der Ausbildung zu erzielen und diese dann abschließen zu können,“ sagt Ausbildungscoachin Anna Brickl.
Zu den Herausforderungen der Geflüchteten gehören teilweise auch Traumata. Ein Auszubildender berichtete, dass er sich nicht konzentrieren konnte und dies erst durch eine Therapie besser wurde. Die Sorge um seinen sicheren Aufenthalt und die Tatsache, dass er seine Familie nicht besuchen durfte, waren seiner psychischen Gesundheit nicht zuträglich. Auch hier fand ein Ausbildungscoach Netzwerkpartner:innen mit der Kompetenz zum Helfen.
Wünsche für die Zukunft
Die festliche Runde bekundete ihr Interesse an zukünftigen Formaten des Austausches wie beispielsweise einem Arbeitskreis. Der VerA-Begleiter Dr. Heinz Buri würde sich wünschen, „dass die Berufsschulen sich besser auf die Situation der Auszubildenden einstellen. Viel Wissen baue auf der Sozialisation auf. Wenn die Berufsschulen es einfach „so durchziehen“, führt dies dazu, dass für reflexartiges Ankreuzen bei Multiple-Choice-Tests auswendig gelernt werde, ohne dass die Inhalte wirklich verstanden würden.“
Die Teilnehmer:innen drückten ihre Dankbarkeit für solch kostenfreie Unterstützungsmöglichkeiten aus, wie sie von ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching organisiert werden. Alle Beteiligten waren sich einig: Es ist gut und wichtig, dass es ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching in Berlin gibt.
Die Projektleiterin Irena Büttner sagt: „Der Erfahrungsaustausch hat gezeigt, dass die Unterstützung für Auszubildende mit Fluchthintergrund auch weiterhin dringend notwendig ist. Die Arbeit in den vergangenen fünf Jahren mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und diversen Netzwerken hat mich inspiriert, bereichert und aufgezeigt, wie viel gemeinsam erreicht werden kann.“