
UNHCR warnt vor Gleichgültigkeit und Untätigkeit angesichts steigender Vertreibungszahlen
Mit 120 Millionen Menschen hat die Zahl der Vertriebenen weltweit ein neues historisches Hoch erreicht. Laut dem „Global Trends Report“ des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR ist das ist mehr als die Bevölkerungszahl von Deutschland, Österreich, der Schweiz und der Niederlande zusammen. Rund 68 Millionen Menschen waren dabei innerhalb ihres Landes auf der Flucht. Mehr als 43 Millionen haben in anderen Ländern Schutz gesucht. Der Bericht wurde anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni veröffentlicht.
Der jährliche UNHCR-Bericht zu Flucht und Vertreibung zeige, dass neue und sich verändernde Konflikte wie auch das Unvermögen, bestehende Krisen zu lösen, zum zwölften Mal in Folge zu einem Anstieg der Vertreibungszahlen geführt haben, heißt es in der Pressemitteilung zum Report. Vor allem der verheerende Konflikt im Sudan treibe die Zahlen in die Höhe: Seit April 2023 wurden mehr als 7,1 Millionen Menschen innerhalb ihres Landes vertrieben, weitere 1,9 Millionen flohen über die Grenzen des Sudan. Insgesamt waren 10,8 Millionen Sudanesen bis Ende 2023 Jahres vertrieben.
In der DR Kongo und in Myanmar waren den Angaben zufolge im vergangenen Jahr Millionen von Menschen durch heftige Kämpfe innerhalb des Landes vertrieben. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA schätzt, dass bis Ende letzten Jahres bis zu 1,7 Millionen Menschen (75 Prozent der Bevölkerung) im Gazastreifen gewaltsam vertrieben wurden, wobei viele palästinensische Flüchtlinge mehrfach fliehen mussten. Syrien ist mit 13,8 Millionen Vertriebenen innerhalb und außerhalb des Landes nach wie vor die größte Vertreibungskrise der Welt.
„Hinter diesen drastischen und steigenden Zahlen verbergen sich unzählige menschliche Tragödien. Dieses Leid muss die internationale Gemeinschaft dazu bringen, dringend zu handeln und die Fluchtursachen zu bekämpfen”, sagte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, Filippo Grandi. „Es ist höchste Zeit, dass die Kriegsparteien die grundlegenden Bestimmungen des Kriegsrechts und des Völkerrechts insgesamt respektieren.“
Der zahlenmäßig höchste Anstieg wurde bei der Gruppe der Binnenvertriebenen verzeichnet. Mit etwa 68,3 Millionen Menschen, die vor Konflikten geflohen und im eigenen Land geblieben sind, wurde nach Angaben des Internal Displacement Monitoring Centre ein Anstieg um fast 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren verzeichnet.
Die Zahl der Flüchtlinge und anderer Personen, die internationalen Schutzes bedürfen, ist auf 43,4 Millionen gestiegen (Flüchtlinge unter dem Mandat von UNHCR und UNRWA). Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge findet in Nachbarländern ihrer Herkunftsländer Schutz. Rund 75 Prozent aller Flüchtlinge halten sich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf, also in Ländern, die zusammen weniger als 20 Prozent des Welteinkommens erwirtschaften.
„Flüchtlinge – und die Gesellschaften, die sie aufnehmen – brauchen Solidarität und Unterstützung. Sie können einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und tun dies auch, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen“, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Grandi. „Im vergangenen Jahr sind Millionen Menschen in ihre Heimat zurückgekehrt, das ist ein wichtiger Hoffnungsschimmer. Die Lösungen liegen auf dem Tisch. Wir haben gesehen, dass Länder wie Kenia bei der Inklusion von Flüchtlingen eine Vorreiterrolle spielen, aber es braucht mehr solches Engagement.“
Den Global Trends Report finden Sie hier: https://www.unhcr.org/global-trends-report-2023