Sprachförderung für Geflüchtete bei ARRIVO BERLIN
Für viele junge Menschen mit Fluchtgeschichte ist die deutsche Sprache die größte Hürde auf dem Weg zur Ausbildung. Gute Sprachkenntnisse sind unerlässlich, um sich sicher im Berufsalltag zu bewegen und die Berufsschule meistern zu können. ARRIVO BERLIN unterstützt durch individuelle und berufsorientierte Sprachförderangebote, die Teilnehmende gezielt auf ihren Weg in den Arbeitsmarkt vorbereiten. Einige der Ansätze stellen wir Ihnen hier vor.
Gezielte Sprachförderung von Anfang an
Sprachliche Unterstützung ist in allen zehn Teilprojekten von ARRIVO BERLIN ein zentraler Bestandteil des Qualifizierungsangebots. Die Teilnehmenden profitieren von verschiedenen Sprachangeboten, die auf ihren zukünftigen Beruf und die jeweils benötigten Kompetenzen zugeschnitten sind. Dazu gehören B2-Vorbereitungskurse, Kommunikationstrainings und Fachsprachenkurse, die sowohl vor Ausbildungsbeginn als auch parallel zur Ausbildung stattfinden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung interaktiver Kommunikationsfähigkeiten, die im Berufsalltag gefordert sind.
Sprachlehrer Niels Meier von ARRIVO BERLIN Gesundheit betont: „Das Erlernen der berufsbezogenen Sprache ist essenziell für die schnelle Integration in die Arbeitswelt.“ Sein Kurs für die Teilnehmenden des Projekts ist in mehrere Module aufgeteilt, die drei bis fünf Wochen dauern und Themen wie Anatomie, Ernährung, Gesundheitseinrichtungen, medizinische Fachsprache, Hygiene und Anamnese abdecken. „Durch den Unterricht der medizinischen Fachsprache bekommen die Teilnehmenden eine Idee davon, was in der Ausbildung auf sie zukommen wird und können besser einschätzen wo sie sprachlich stehen“, sagt Ann-Katrin Molnar, Teamleiterin von ARRIVO BERLIN Gesundheit. (Siehe auch Artikel Fachsprache lernen.)
Praxisorientiertes Sprachtraining für den Berufsalltag
Der Projektverbund setzt auf eine Vielzahl von didaktischen Zugängen, um individuell passende Lernwege zu schaffen. In den letzten Jahren haben die Projekte Präsenzunterricht, Einzelsitzungen und digitale Lernplattformen ausprobiert und kombiniert, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Teilnehmenden einzugehen. Diese Vielfalt unterstützt insbesondere jene, die in klassischen Sprachkursen kaum Fortschritte erzielen.
Birgit Said bietet seit 2018 für die Teilnehmenden von ARRIVO BERLIN Soziales einen Kurs zur Vorbereitung der B2-Prüfung. Aber auch die Teilnehmenden der anderen Teilprojekte haben Zugang zu dem Angebot. Denn Deutschkenntnisse auf B2-Niveau sind nicht nur im sozialen Bereich eine Voraussetzung für den Start einer Ausbildung.
„Den Teilnehmer:innen fällt es oft schwer, Deutsch zu lernen, wenn sie außerhalb des Kurses überwiegend in ihrer Muttersprache kommunizieren. Des Weiteren fehlen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland, bei einigen auch in der Heimat“, erläutert Birgit Said. Der Kurs bietet deshalb die Möglichkeit, intensiv und in einer Kleingruppe alle Prüfungsteile kennenzulernen, sie prüfungsnah zu üben, gezielt den entsprechenden Wortschatz auszubauen und die Grammatik zu vertiefen. Dies sei in anderen Berufssprachkursen oftmals nicht so gut möglich, sagt Birgit Said. (Siehe auch Artikel Prüfungsnah üben.)
Doch ein B2-Zertifikat in der Tasche bedeutet nicht automatisch, dass der Arbeitsalltag und die Berufsschule während der Ausbildung sprachlich gemeistert werden können. Viele Unternehmen machen die Erfahrung, dass ihre Auszubildenden noch Defizite haben. Das ARRIVO BERLIN Ausbildungscoaching unterstützt deshalb Azubis, die zum Beispiel Schwierigkeiten mit dem Verständnis von Erklärungen in der Schule oder der Sprache, die in Tests verwendet wird, haben. In Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen von der Initiative VerAplus und Mentor:innen aus dem Landesprogramm Mentoring werden die Auszubildenden individuell begleitet. Zudem bietet das Projekt einen wöchentlichen Kurs zur Stärkung der Kommunikation während der Ausbildung an.
Auch für Arbeitgeber gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Spracherwerb der Azubis zu fördern. Das ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen unterstützt interessierte Betriebe deshalb bei der Suche nach passenden berufs- oder ausbildungsbegleitenden Deutschkursen, berät zu Fördermöglichkeiten und gibt Tipps, wie der Spracherwerb im Betrieb gelingen kann.
Sprachbarrieren spielerisch abbauen
Ein besonders vielversprechender Ansatz sind sogenannte Sprachtandems. Sie bieten Geflüchteten eine wertvolle Möglichkeit, Deutsch alltagsnah und in einer natürlichen Umgebung zu lernen. Anders als formale Sprachkurse ermöglichen sie den direkten Austausch mit Muttersprachler:innen oder erfahrenen Deutschlernenden und helfen so, Sprachbarrieren schnell und effektiv abzubauen. Diese Lernform vermittelt nicht nur sprachliche Nuancen und alltägliche Redewendungen, sondern auch wichtige kulturelle Einblicke, die den Geflüchteten im beruflichen wie privaten Alltag Orientierung geben.
Nelly und Fulya beispielsweise bilden ein Sprachtandem, das von der HU Berlin und dem ARRIVO BERLIN Servicebüro koordiniert wird. Nelly kommt aus Burkina Faso, hat in Berlin ihren MSA gemacht und befindet sich jetzt in der Ausbildung zur Bürokauffrau. Im Rahmen des Zertifikatsstudiums Deutsch im Mehrsprachigkeitskontext (DiM) wird sie von Fulya beim Deutschlernen unterstützt. (Siehe auch Artikel Mit dem Sprachtandem zu mehr Selbstbewusstsein.)
Gemeinsam mit Nellys Ausbilderin Stephanie Auer wurde das Ziel des Sprachtandems erarbeitet: selbstbewusster und souveräner in Besprechungen, Versammlungen und im Kollegium aufzutreten. Einen großen Schritt hat Nelly bereits nach knapp sechs Monaten gemacht: „Ich habe keine Angst mehr, dass mein Deutsch schlecht ist“, sagt sie.