Studie: Geringe Bildungsabschlüsse und traditionelle Geschlechterrollen hemmen berufliche Integration
Frauen mit Fluchthintergrund haben es schwer auf dem Weg in den Arbeitsmarkt, fassen dort aber immer besser Fuß. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Demnach steigt die Erwerbsbeteiligung geflüchteter Frauen langsam an, liegt aber weiter auf einem niedrigen Niveau. Als größte Hemmnisse für die berufliche Integration nennt die Studie mangelnde Bildung und Sprachkenntnisse sowie traditionelle Rollenbilder.
Der Studie zufolge gaben im Jahr 2020 lediglich knapp 13 Prozent der befragten Frauen an, erwerbstätig zu sein. Das waren allerdings mehr als doppelt so viele wie drei Jahre zuvor (2017: 5,3 Prozent). Zudem hat sich der Anteil junger Frauen unter 30, die eine berufliche Ausbildung absolvieren, im Untersuchungszeitraum zwischen 2016 und 2020 von 5,3 Prozent auf 17 Prozent mehr als verdreifacht.
Für die Studie waren Befragungen von Geflüchteten ausgewertet worden, die das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) im DIW Berlin vorgenommen haben. Befragt wurden geflüchtete Frauen, die zwischen 2013 und 2019 und damit auch zum Höhepunkt der Fluchtmigration 2015 nach Deutschland gekommen waren.
„Für geflüchtete Frauen ist es nach wie vor sehr schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden“, erläuterte Ökonomin Adriana Cardozo bei der Vorstellung der Studie. „Zu den Bremsfaktoren gehören das im Vergleich zur deutschen Bevölkerung geringere Bildungsniveau sowie mangelnde Deutschkenntnisse. Erschwerend hinzu kommen traditionelle Geschlechterrollen.“ Die meisten der befragten Geflüchteten stammen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea – Ländern, in denen eher traditionelle Familienbilder vorherrschen.
Frauen mit Fluchthintergrund haben oftmals einen nur geringen Bildungsabschluss sowie keine oder nur geringe Berufserfahrung. Geflüchtete Männer verfügen zumeist über ein höheres Bildungsniveau und mehr berufliche Praxis. Auch sprechen geflüchtete Männer meistens besser Deutsch, weil sie mehr Zeit mit Sprachkursen verbringen konnten. Oft besuchten die Männer die Sprach- und Integrationskurse, während die Frauen mit Haus- und Sorgearbeit beschäftigt seien. Später seien es dann auch eher die Männer, die zur Arbeit gingen und am Arbeitsplatz durch mehr Kontakte zu deutschen Muttersprachler:innen ihre Sprachkompetenz verbesserten.
Dabei könnten auch Frauen mit Fluchterfahrung einen Beitrag leisten, den Arbeitskräftemangel in Deutschland zu beheben, so die Studie. Voraussetzung dafür sei der Ausbau bestehender Integrations- und Sprachprogramme, die zudem mehr auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten werden und etwa Betreuungsmöglichkeiten für Kinder stärker berücksichtigen müssten. Dies sei auch mit Blick auf die zahlreichen geflüchteten Frauen mit Kindern aus der Ukraine sinnvoll, die seit 2022 nach Deutschland kämen – zumeist ohne Begleitung ihrer Partner.