Rückblick auf die Arbeit in 2022
Für eine Rückschau haben wir bei ARRIVO BERLIN Projekten nachgefragt, wie sich die besonderen Rahmenbedingungen im Jahr 2022 auf die praktische Arbeit ausgewirkt haben. ARRIVO BERLIN 2022 blieb trotz eines sehr bewegten Jahres weiter auf Kurs. Beim Ziel, mehr Frauen zu beraten, machte die Ausbildungsinitiative einen großen Schritt nach vorne. Corona wirkte noch nach, gleichzeitig stieg der Bedarf an Beratung mit der zunehmenden Zahl an Geflüchteten.
Mehr Frauen als in den Vorjahren
Rund 40 Prozent der Teilnehmer:innen von ARRIVO BERLIN waren im Jahr 2022 Frauen. Ihr Anteil stieg damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an, als dieser noch bei 23 Prozent lag (siehe auch Artikel: ARRIVO BERIN: Bilanz 2022). Die Gründe für den Anstieg sind vielfältig und hatten 2022 wenig damit zu tun, dass 80 Prozent der erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine Frauen sind (siehe auch Artikel: Mehrheit fühlt sich Willkommen). Die Zahl ukrainischer Frauen, die sich mit Unterstützung der ARRIVO BERLIN Projekte ihrer beruflichen Zukunft widmen konnten, war 2022 nämlich noch überschaubar. Erstmal hatten viele Ukrainerinnen grundlegende Angelegenheiten zu klären, wie beispielsweise Schul- und Kitaplätze zu suchen sowie Deutsch zu lernen.
2022 in der praktischen Arbeit von ARRIVO BERLIN
Das Interesse der Wirtschaft an potenziellen Fachkräften aus der Ukraine war dagegen von Anfang an groß: Schon kurz nachdem die ersten Geflüchteten aus der Ukraine am Hauptbahnhof in Berlin angekommen waren, meldeten sich die ersten Unternehmen beim ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen. Auch um sich auf diesem Wege sozial zu engagieren, hatten viele Unternehmer:innen den Wunsch, Ukrainer:innen einzustellen. Die Wirtschaftsorganisationen IHK Berlin, die Handwerkskammer Berlin und die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg starteten einen Spendenaufruf an Berliner Unternehmen. Die daraus finanzierten berufsbegleitenden Deutschkurse für Geflüchtete aus der Ukraine werden inzwischen vom Servicebüro koordiniert.
Das Team von ARRIVO BERLIN Soziales machte sich viele Gedanken, wie es sich für die neuen Geflüchteten aus der Ukraine engagieren kann, und bekam viele Anfragen, auch von den Medien. Ein Beispiel dafür, dass die wieder gestiegene Medienaufmerksamkeit für das Thema Flucht nützlich für die Arbeit der Projekte sein kann: Radio Eins führte ein Interview mit ARRIVO BERLIN Soziales, in dem eine Logopädin aus der Ukraine vorgestellt wurde. Eine Praxis wurde über das Interview auf die Fachkraft aufmerksam und wollte ihr gerne einen Arbeitsplatz anbieten. Als Hürde stellte sich jedoch die notwendige Anerkennung ihres Berufsabschlusses in Deutschland heraus.
Auch Drittstaatler:innen aus der Ukraine viel Beratungsbedarf
Drittstaatler:innen, beispielsweise aus Nigeria, die in der Ukraine studiert hatten und vor dem Krieg nach Deutschland geflohen waren, meldeten sich unter anderem bei den ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten und ARRIVO BERLIN Hospitality. Sie waren selbstständig auf Arbeitsuche und hatten besonders viele aufenthalts- und arbeitsrechtliche Fragen, da sie nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Schutzstatus und damit Zugang zu Sprachkursen und den Arbeitsmarkt erhielten.
Corona wirkt nach
In den ersten Monaten von 2022 hatte die Corona-Pandemie insbesondere durch die Schutzmaßnahmen noch direkte Auswirkungen auf die Projektarbeit. Vieles musste online stattfinden, beispielsweise die große Fachveranstaltung „Integration. Made in Berlin“ am 15. März 2022 (siehe auch Artikel: Worauf es ankommt). Es fanden allgemein weniger Austauschtreffen als in den Zeiten vor Corona statt, was die wichtige Netzwerkarbeit der Projekte erschwerte.
Die ARRIVO BERLIN Übungswerkstätten mussten außerdem feststellen, dass 2022 die Bereitschaft von Unternehmen, Praktika anzubieten, weiterhin niedriger war als vor der Pandemie. Und Nadja Türke vom ARRIVO BERLIN Servicebüro für Unternehmen konnte wahrnehmen, dass die Defizite auf der Schüler- und Azubiseite, die beispielsweise durch ausgefallenen oder auf Online-Angebote umgestellten Unterricht entstanden sind, langfristig nachwirken. Viele Geflüchtete seien durch die Digitalisierung besonders benachteiligt gewesen, wenn ihre Wohnsituation wenig Rückzugsraum bot oder sie technisch nicht gut ausgestattet waren.
Im Jahr 2023 werden Geflüchtete aus der Ukraine voraussichtlich eine zunehmende Rolle in der Arbeit der Projekte spielen, genauso wie die steigende Zahl der Schutzsuchenden aus anderen Ländern (siehe auch Artikel: Entwicklung der Flüchtlingszahlen). Die nach Pandemieende wieder zahlreich stattfindenden Jobmessen vor Ort werden wieder mehr Möglichkeiten bieten, die Projekte und die künftigen Fachkräfte zusammenzubringen.